Überschuldung in Deutschland
Die Überschuldungsstatistik ist eine bundesweite freiwillige Erhebung, die seit 2006 zentral vom Statistischen Bundesamt durchgeführt wird. Sie ist ein wichtiger Baustein für eine Analyse der sozialen Situation in Deutschland und gibt besser als alle anderen in Deutschland erhobenen Daten Auskunft über die Lebenslage überschuldeter Menschen zu Beginn der Beratung. Sie erlaubt allerdings keine Aussagen über die Gesamtzahl der überschuldeten Haushalte und Personen.
Die Ergebnisse beruhen auf Angaben von 737 Schuldnerberatungsstellen aus ganz Deutschland. Sie beinhalten anonymisierte Daten von rund 182.000 beratenen Personen mit deren Einverständnis.
Kernergebnisse:
- Hauptauslöser der Überschuldung bei Hilfesuchenden, die in 2024 eine Schuldnerberatung aufsuchten: gesundheitliche Probleme (18,1 %), Verlust des Arbeitsplatzes (17,4 %), finanzielle Folgen einer Trennung/Scheidung (11,5 %), unwirtschaftliche Haushaltsführung (13,7 %). Bei 10,8 % der beratenen Personen hatte längerfristiges Niedrigeinkommen trotz einer wirtschaftlichen Haushaltsführung zu finanziellen Problemen geführt.
Gesundheitliche Probleme sind erstmals der häufigste Auslöser einer Überschuldung, ebenso hat das längerfristige Niedrigeinkommen als Hauptauslöser einen neuen Höchststand erreicht.
- 13,3 % der Überschuldeten waren alleinerziehende Frauen - überproportional häufig betroffen (leicht zurückgegangen gegenüber 2023)
- 29,9 % aller Überschuldeten sind alleinlebende Männer - überproportional häufig betroffen (leicht zurückgegangen)
- 68,3 % der beratenen Personen hatten Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (leicht erhöht)
- 28,1 % hatten ein monatliches Nettoeinkommen von unter 900 € zur Verfügung (leicht zurückgegangen)
- Personen zwischen 35 und 45 Jahren nutzen am häufigsten das Angebot der Schuldnerberatung (27,7 % aller beratenen Personen). (nahezu unverändert)
- 5,2 % waren zu Beginn der Beratung noch keine 25 Jahre alt (nahezu unverändert)
- 16 % der Beratungsfälle, die im Jahr 2024 die Beratung beendet haben, konnten ihre Schulden mit Hilfe der Beratungsstelle außergerichtlich regulieren (-3,2 %).
Aus der Pressemitteilung des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff): "Gesundheitliche Probleme durch Krankheiten, Sucht oder Unfälle waren im Jahr 2024 zum zweiten Mal in Folge der häufigste Grund für Überschuldung in Deutschland. Bei 17,6 Prozent der Personen, die eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchten, wurde dies als Ursache für die finanzielle Lage genannt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Arbeitslosigkeit oder reduzierte Erwerbsarbeit mit 15,3 Prozent sowie Scheidung oder Trennung mit 9,1 Prozent. Insgesamt machen diese ereignisbezogenen Faktoren rund 42 Prozent der Überschuldungsgründe aus.
Diese Zahlen verdeutlichen, dass Überschuldung in vielen Fällen auf Lebenskrisen zurückzuführen ist, die außerhalb der individuellen Kontrolle liegen und mit erheblichen sozialen und psychischen Belastungen einhergehen. [...]
Neben Schicksalsschlägen wie Krankheit, Trennung oder Arbeitslosigkeit erhöhen auch herausfordernde Lebenssituationen – an denen die Betroffenen so schnell nichts ändern können – das Risiko einer Überschuldung. Dazu gehören vor allem Einkommensarmut (10 Prozent) und eine gescheiterte Selbstständigkeit (neun Prozent). Eine vermeidbare Ursache ist hingegen das Konsumverhalten mit 9,7 Prozent. Zusammen verursachen diese sechs häufigsten Gründe in 71 Prozent der Beratungsfälle eine Überschuldung.
Ein wichtiger Faktor für Überschuldung sind auch die hohen Wohnkosten in vielen deutschen Städten. Diese belasten die Personen, die eine Schuldnerberatung aufsuchen, besonders stark. Während sie durchschnittlich 48 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Wohnkosten aufwenden müssen, sind es in der Gesamtbevölkerung nur 26 Prozent. Dies erschwert es für die Betroffenen, Rücklagen zu bilden und liquide zu bleiben.
Menschen ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss nehmen überdurchschnittlich oft eine Schuldnerberatung in Anspruch. So hatten 18,4 Prozent der Personen, die im Jahr 2024 eine Beratung aufsuchten, keinen Schulabschluss. Dieser Wert liegt fast viermal höher als ihr Anteil von rund fünf Prozent an der Gesamtbevölkerung. Ähnlich ist es bei Menschen mit Hauptschulabschluss. Im Jahr 2024 gehörten 42,1 Prozent der beratenen Personen zu dieser Gruppe. Das entspricht fast dem Doppelten ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung, der bei 24 Prozent liegt. Umgekehrt ist es bei Personen mit Abitur. Sie machen nur elf Prozent der Ratsuchenden aus. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt jedoch bei 31 Prozent.
Von den verschiedenen Haushaltsformen suchen Alleinlebende am häufigsten eine Schuldnerberatung auf. Ihr Anteil ist mit 61,7 Prozent dreimal höher als in der Gesamtbevölkerung. Bei Alleinerziehenden ist der Wert mit 14,5 Prozent sogar viermal so hoch. Fast 80 Prozent von ihnen sind Frauen. Nur 21,7 Prozent der beratenen Personen leben in einer Partnerschaft. [...]"
Quelle: Pressemitteilung des iff vom 01.10.2025
Der Sozialbericht (ehemals Datenreport) wird von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt, dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung herausgegeben.
Er gehört seit Jahrzehnten zu den Standardwerken für all jene, die sich schnell und verlässlich über statistische Daten und sozialwissenschaftliche Analysen zu den aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland informieren wollen.
Der Sozialbericht 2024 kann bei der bpb als Druckausgabe bestellt oder als PDF gelesen und heruntergeladen werden.
Der Gesamtbericht sowie einzelne Kapitel stehen als Download zur Verfügung. Die Printausgabe des Reports erhalten Sie gegen eine Bereitstellungspauschale von 5,00 Euro über die Bundeszentrale für politische Bildung.
Der Abschnitt zur privaten Überschuldung in Deutschland findet sich im Kapitel 5 (ab S. 179).
Ziel der Studie von Dieter Korczak, Sally Peters und Hanne Roggemann ist es, eine realistische Abschätzung des Ausmaßes der privaten Überschuldung vorzunehmen, die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zu untersuchen und daraus politische Empfehlungen abzuleiten.
Zusammenfassende Ergebnisse sowie den Download der Studie finden Sie unter dem Link.
